Im Herbst des Lebens
Im hohen Alter wird es oft still um uns. Umgeben von den Dingen und Erinnerungen, die ein langes und an Erlebnissen reiches Leben ausmachen, erscheinen die Tage
endlos und sind oft immer schwerer zu ertragen. Die alten Menschen leben von der Erinnerung an die Vergangenheit und schmieden kaum noch Pläne. Sie sind froh, in der Gegenwart ein Auskommen zu
haben.
Diese durchaus positiv empfundene Gegenwart im Leben einer hoch betagten Witwe eines evangelischen Pfarrers konnte ich in stillen und dennoch viel sagenden Bildern
aus ihrer häuslichen Umgebung festhalten.
Bewusst sind in diesem Fotoband keine Portraits enthalten.
Sowohl in den Übersichtsaufnahmen der Räume als auch in den weiterführenden Details entsteht so ein umfassendes Bild der Person, die in diesen Räumen einen Großteil
ihres Lebens verbracht hat.
Das stille Leben findet seinen Ausdruck in Form von fotografierten Stillleben, die sowohl auf das Leben der Bewohnerin als auch auf die Mühen und Plagen des Daseins
im hohen Alter hinweisen. Die Motive wurden so aufgenommen, wie ich sie bei meinen Besuchen vorgefunden habe, wurden also bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht extra arrangiert. Damit behalten sie
ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit.
Mein besonderer Dank gilt Renate Dümling, die durch ihr Vertrauen und ihre Offenheit dieses Fotoprojekt erst möglich gemacht hat.
Mit ihrer Hilfe entstand so Stück für Stück wie bei einem Puzzle das Bild eines Lebensweges und einer bemerkenswerten Frau, die ihr Leben an der Seite ihres Mannes
ganz in den Dienst Gottes, der Kirche, der Familie und der Mitmenschen gestellt hat. Geholfen hat ihr dabei auch die Liebe zur Musik und zu den schönen Künsten - noch im hohen Alter spielte sie
Klavier und pflegte einen regen Briefwechsel mit den Menschen, die sie in ihrem Leben begleitet haben.
Auch die Pause
gehört zur Musik
(c) Stefan Zweig
Geschichte zum Bild:
Für einen Bildband (Stille Tage) zu ihrem 90. Geburtstag bat ich Frau Dümling, doch etwas am Klavier zu spielen. Sie kam meiner Bitte nach und so sind einige Fotos ihres konzentrierten Spiels entstanden. Die Hände glitten dabei langsam und vorsichtig, aber auch behände und grazil über die Tasten. Eine lange gepflegte Tätigkeit verlernt man auch im hohen Alter nicht.